Der Leindotter gehört zu den ältesten heimischen Kulturpflanzen. Es wird davon ausgegangen, dass der Leindotter als sekundäre Kulturpflanze aus dem Lein hervorging. Viele Funde liegen aus den nördlichen Küstenregionen Mitteleuropas aus der Eisenzeit vor. Im Mittelalter ging der Anbau zurück und blieb bis zur Neuzeit auf einem geringen Niveau. Günstige Eigenschaften des Leindotters wie seine Anspruchslosigkeit an Boden und Klima, der relativ geringe Nährstoffbedarf und seine Eignung für den Mischfruchtanbau führten in den letzten Jahren zu Anbauversuchen im ökologischen Landbau. Bisher scheiterte der praktische Anbau vor allem daran, dass die Presskuchen nicht verfüttert werden durften. Nach Änderung der EU-Richtlinie mit Veröffentlichung im Amtsblatt am 25. Juli 2008 ist der Leindotter aber von der Liste der unerwünschten Futtermittel gestrichen worden und ein Einsatz in der Tierernährung ist möglich.
Botanik
Die zu den Kruziferen gehörende Pflanze erreicht eine Höhe von 50 bis 100 cm und sie ist durch eine dünne spindelförmige Wurzel gekennzeichnet. Sie wächst zunächst eintriebig und verzweigt sich erst im oberen Drittel. Der Stängel kann glatt oder behaart sein und die Blätter sind pfeilförmig und spitz zulaufend. Die einzelnen Triebe tragen endständige, traubige Blütenstände mit hell- bis dunkelgelben Blüten. Die Blüten sind klein und unscheinbar. Es ist eine Fremdbefruchtung durch Insekten möglich, jedoch herrscht Sebstbefruchtung vor. Die Früchte sind birnenförmige Schötchen mit 8 bis 16 gelborange bis rötlich gefärbten Samen. Die durchschnittliche TKM beträgt 1 bis 1,7 g. Es gibt Sommer- und Winterformen.
Ölgehalt und -qualität
Der Ölgehalt der Samen liegt zwischen 28 und 42 Prozent. Der mittlere Gehalt ist mit ca. 35 Prozent etwas niedriger als der von Raps und Sonnenblumen. Das Öl hat einen angenehmen, erbsigen Geschmack und wird in einigen Ländern wie in Frankreich in der Gourmetküche verwendet. Eine Verwendung ist auch in der pharmazeutischen, kosmetischen und chemischen Industrie sowie zur Nutzung als Treibstoff möglich. Der Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren ist mit über 50 Prozent sehr hoch und das Verhältnis von Alpha-Linolensäure zu Linolsäure ist für die menschliche Ernährung sehr günstig.
Der Gehalt an Erucasäure ist im Vergleich zu anderen Arten und 00-Raps höher. Er liegt aber unter dem Grenzwert für Lebensmittel von 5 Prozent (Erucasäureverordnung). Ebenfalls hoch ist der Gehalt an Eicosensäure, über deren ernährungsphysiologische Wirkung wenig bekannt ist (Matthäus 2004):
Ungesättigte Fettsäuren:
a -Linolensäure (Omega -3-Fettsäure) 32 – 40 Prozent
Linolsäure (Omega-6-Fettsäure) 5 – 20 Prozent
Ölsäure (Omega-9-Fettsäure) 10 – 17 Prozent
Eicosensäure 14 – 16 Prozent
Erucasäure 2 – 4 Prozent
S Gesättigte Fettsäuren:
Palmitinsäure 5 Prozent
Stearinsäure 2 Prozent.
Einsatz der Presskuchen als Futtermittel
Leindotterpresskuchen besitzt einen Futterwert, der einen Einsatz in der Fütterung von Schweinen, Geflügel und Wiederkäuern möglich macht.
Der Proteingehalt beträgt 35 bis 40 Prozent in der Trockenmasse. Der Methionin- und Cystingehalt liegt auf dem Niveau von Raps- und Sojaeiweiß, der Lysingehalt liegt jedoch deutlich niedriger. Aufgrund seiner Zusammensetzung wird er von Wiederkäuern besser vertragen als von Schweinen und Geflügel, sodass vorrangig ein Einsatz in der Wiederkäuerfütterung erfolgen sollte (Böhme & Flachowski 2005). Die Einsatzgrenzen in Futtermischungen sind einzuhalten.
Quelle: Ölfrüchte im ökologischen Landbau, Informationen für die Praxis